Offener Brief von YEK-KOM

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Sun Aug 27 14:37:00 BST 1995


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*Föderation kurdischer Vereine                   YEK-KOM*
*in Deutschland e.V.*



YEK-KOM
Von-Gall-Str. 2
D-44807 Bochum
Tel: (49) 0234-541118
Fax: (49) 0234-541194



Offener Brief

an die
Freundinnen und Freunde des kurdischen Volkes
Parteien
Gewerkschaften
Medien
Menschenrechtsorganisationen
Friedensinitiativen


Nach der Auflösung der friedlich verlaufenden Hungerstreiks in Berlin und  
Frankfurt erreichte  in der Bundesrepublik die Diffamierungskampagne gegen  
die Kurden ihren Höhepunkt. Bundesdeutsche Politiker und  
Verfassungsschutzorgane bauten systematisch das Bild von Kurden als  
Randalierer, Brandstiffter und Rauschgifthändler auf und machten es zum  
Bestandteil ihrer Diffamierungskampagne.
Bereits vor der Trauerdemonstration in Berlin wurde von niedersächsischen  
Verfassungsschutz in der Öffentlichkeit verbreitet, die Kurden würden während  
des Trauermarsches Schußwaffen einsetzen. Obwohl die oben genannten  
Ankündigungen, dazu dienten den Trauermarsch zu diffamieren, haben die Kurden  
sich auf diese Provokationen nicht eingelassen. Unter den Demonstranten in  
Berlin befanden sich auch zahlreiche Teilnehmer des Hungerstreiks in  
Frankfurt, die zuvor in dieser Stadt vor den Augen einer breiten  
Öffentlichkeit massiven polizeilichen Angriffen ausgesetzt waren. Vor allem  
diese setzten ein deutliches Zeichen ihrer Bereitschaft zu einer friedlichen  
Lösung in der Bundesrepublik. Nach dem auch in den Städten Osnabrück und in  
Frankfurt die Aktionen der Kurden friedlich verliefen relativierten sich die  
Erklärungen der deutschen Sicherheitsbehörden hinsichtlich der angekündigten  
Gewalt durch die Kurden.
Doch das Ziel zur Diffamierung und Kriminalisierung der Kurden wurde  
systematisch aufgebaut und für innen- und außenpolitische Zwecke der  
Bundesregierung funktionalisiert.

Die Darstellung der Kurden als Gewalttäter dient zur Entorganisierung der  
deutschen Öffentlichkeit mit den Kurden. Friedliche Aktionen, wie der  
aufgelöste Hungersteik, wurden von bundesdeutschen Behörden als  
Gewaltaktionen diffamiert und die legitimen Forderungen der Hungerstreikenden  
nach der baldigen Beendigung und nach einer politischen Lösung in den  
Hintergrund gedrängt. Unterstützt wird diese Politik durch eine  
Medienberichterstattung, die in der Öffentlichkeit ein Bild gewalttätiger und  
fanatischer Kurden liefert und bereits vorhandene Feindbilder verstärkt. Eine  
differenzierte Darstellung der Situation und damit auch eine breitere  
Solidarität wird somit verhindert und ermöglicht den politisch  
Verantwortlichen die Situation weiter eskalieren zu lassen.


- Geplante Verschärfung im Bereich der asyl- und ausländerrechtlichen  
Bestimmungen.
Am Tag der Auflösung des Hungersteiks in Frankfurt verkündete das  
Oberverwaltungsgericht Hessen, der hessische Abschiebestopp sei für Kurden  
verfassungswiedrig, die Regierung hob daraufhin diesen sofort auf. Vor den  
Augen der Öffentlichkeit demonstrierte die Polizei in Frankfurt Mitten am Tag  
Macht und Stärke und machte der Öffentlichkeit deutlich, wie gefählich für  
die "innere Sicherheit der Ordnung" diese abzuschiebenden Menschen doch sind!
Die Ausschreitungen der letzten Woche dienten als Anlaß, um die Forderung  
nach einer Änderung des Versammlungsgesetzes für Nicht-Deutsche in die  
Diskussion zu bringen. Der CSU-Innenexperte Zeitlmann betonte, daß das Recht  
auf Demonstration auf Versammlung und zur Vereinsgründung für Ausländer in  
"Notsituationen" zu suspendieren.

- Legitimation für die am 16.7.1995 vereinbarten Kooperation der  
Bundesrepublik mit der Türkei auf polizeilicher Ebene. Künftig soll die  
bereits jetzt bestehende Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen ausgeweitet  
werden.  Die Türkei sicherte der Bundesrepublik ihre Hilfe zu, "den  
Terrorismus der PKK auf deutschen Boden einzudämmen". Die Bundesrepublik  
werde dagegen die Türkei beim "Austausch" von Staftätern" unterstützen.

- Unterdrückung des Protestes gegen die deutsche Kriegspartnerschaft.
Seit der Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums im November 1993 über  
kurdische Vereine und Organisationen, ist jede Möglichkeit von Kurden sich  
politisch zu artikulieren abgeschaft worden.
Es ist in diesem Zusammenhang nochmals zu verdeutlichen, daß die  
Bundesrepublik friedliche Aktionen, die dazu dienen eine Öffentlichkeit für  
die Beendigung des Krieges und die deutsche Kriegsbeteiligung herzustellen,  
entweder im Vorfeld verboten bzw. unter dem Vorwand des "Tragens von  
verbotenen Symbolen" im nachhinein aufgelöst werden.

Faktum ist jedoch, daß weder durch den militärischen Kurs der Türkei, noch  
die Verbote in der Bundesrepublik die Kurden-Frage lösen können. Ein  
entscheidender innenpolitischer Schritt dazu wäre die erlassenen Verbote  
aufzuheben und damit die Repression gegen die kurdische Bevölkerung hier zu  
beenden. Ein notwendiger erster Schritt ist, jegliche militärische  
zusammenarbeit mit der Türkei einzustellen und sie auf internationaler Ebene  
den Druck auf die Türkei auszuüben, um sie politischen Verhandlungen mit der  
kurdischen Seite, die mehrmals ihre Bereitschaft zur Beendigung des Krieges  
und den Willen zu einer politischen Lösung erklärt hat, zu bewegen.




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